Bereits in der Steinzeit verehrten die Menschen einen Hirschgott. Möglicherweise handelt es sich bei Cernunnos um dessen Nachfolger. Cernunnos wurde meist mit einem Hirschgeweih dargestellt. Sein Name bedeutet “der einen Scheitel wie ein Hirsch hat”. Dieser Gott wurde in weiten Teilen als Gott der Naturkräfte, der Bäume und Tiere sowie der Fruchtbarkeit verehrt. Er könnte ein Sinnbild für die Gestaltveränderung bzw. -wanderung zwischen Mensch und Tier sein, die in der Kelten-Literatur so häufig beschrieben wird.

Seinen Namen versuchte man auch nur als „der Gehörnte“ zu deuten. Die Funktionen des Gottes hat mit Fruchtbarkeit und Reichtum zu tun, aber auch mit der Unterwelt wird er in Verbindung gebracht (der Hirsch al Geleiter der Toten). Einige wenige Bildwerke zeigen den Gott zusammen mit Geldmünzen.
Das untrügliche Kennzeichen des keltischen Gottes Cernunnos ist sein Hirschgeweih. Mit ihm und einem Haisring geschmückt, pflegt er sich zuweilen im Schneidersitz abbilden zu lassen. Auf dem berühmten Kessel aus Gundestrup ist er in dieser Position dargestellt, in der einen Hand einen Ring, in der anderen die gehörnte Schlange —sein ständiger Begleiter. Außerdem umgeben ihn mehrere weitere Tiere, unter anderem ein Hirsch. Cernunnos hat also, soviel wird allein aus diesem Bild deutlich, eng mit der Natur zu tun. Konkret befasst er sich mit dem Wachstum, dem Gedeihen von Pflanzen und Tieren, den Lebenssäften und -kräften. Auch die Schlange, seine Gefährtin, symbolisiert ja praktisch auf der ganzen Welt die ständige Erneuerung des Lebens — um nicht zu sagen, das ewige Leben.

Als Herr der Tiere und der Pflanzen spielte Cernunnos für die Menschen früherer Zeiten eine überragend wichtige Rolle. Einzig von seiner Gnade hing es ab, ob Jagdexpeditionen erfolgreich verliefen und ob Wild- und Feldfrüchte gediehen. Kein Wunder also, dass die Kelten ihn auch mit einem Sack abbildeten, aus dem Münzen herausrieseln: Reichliches Wild, gesundes Vieh und gute Ernten waren für sie schließlich gleichbedeutend mit Reichtum und damit für Glück.
Wer den Hirschgott aber gegen sich aufbrachte, war praktisch zum Tode verurteilt — denn wem die Felder verdorren und das Vieh stirbt, wer auf der Jagd kein Glück hat, wovon soll der leben? Vielleicht rührt also daher die Verbindung zum Totenreich, die Cernunnos gleichfalls nachgesagt wird und die seine enge Beziehung zur Erde ohnehin nahe legt. In der Hexen-Tradition wird Cernunnos als der Gehörnte Gott verehrt, der Begleiter und Mitschöpfer der Grossen Göttin, der von den Christen im wörtlichen Sinn "verteufelt" wurde. Cernunnos ist ein Gott der schöpferischen Naturkräfte, der Fruchtbarkeit und Zeugungskraft und daher mit Freyr vergleichbar, der ebenfalls den Hirsch als eines seiner heiligen Tiere hat. Als Waldgott steht er in innigster Beziehung zur Weisheit, die vom Wald kommt, und zum Symbol Erdentstammter Weisheit, der Widderkopfschlange, die auch Teutates geweiht ist. So hat er auch Eigenschaften von Odin. Er verkörpert nicht zuletzt die Heiligkeit der freien Natur, die Freiheit der Wildnis und eine „wilde” menschliche Freiheit.

Er ist der Herr der Tiere und der heiligen Jagd, dessen Leben geopfert werden muss, damit neues Leben entstehen kann. Wie die große Göttin so hat auch der große Gott mehrere Gesichter oder Aspekte. Er erscheint uns einmal als der 'Grüne Mann', Herr der Wälder, ein anderes mal als der 'Gehörnte Gott', Herr der Tiere und der Jagd, der ein Hirschgeweih als Zeichen seiner Kraft, Fruchtbarkeit, Leidenschaft, Lebenslust und Erdverbundenheit trägt. Manchmal wird er aber auch wie der griechischen Satyr- Gott Pan als Mann mit Bocksfüßen dargestellt. Dies ist sein dritter Aspekt, das Symbol der männlichen Zeugungskraft und erotischen Energie.
Cernunnos, der Gehörnte, der Herr der Hirsche, war einer der Mächtigsten unter den zoomorphen Göttern der Kelten. Der Hirsch verkörpert mehr als nur Männlichkeit und Kampfeslust. Er, der König des Waldes, wurde wegen der Ähnlichkeit von Geweih und Zweigen mit den Bäumen assoziiert. Und weil der Hirsch im Frühling oder Herbst sein Geweih abwirft - wie zahlreiche Baumarten ihre Blätter zur Winterzeit - wurde er zum Symbol für das zyklische Wachsen und Vergehen der Natur. Neben dem Eber war er die begehrteste Jagdbeute der Kelten.



Mit der Zeit des Frühlings und des Wachstums zeigt uns der junge Gott ein anderes Gesicht. In dieser Form ist er der Gott des Waldes, der vom Menschen unberührten und ungezähmten Natur. Als Beispiele können wir hier wieder Freyr nennen, aber auch Cernunnos und Herne. Die ältesten Darstellungen des Gehörnten finden sich in diversen Höhlenmalereien.
Der Gehörnte Gott ist der Gott der Jäger und Sammler, mit einem Hirschgeweih geschmückt, das ihn als König des Waldes kennzeichnet. Die etymologische Bedeutung des Wortes Geweih ist Geäst und zeigt ebenfalls die Verbundenheit mit dem Wald auf. Der Herr des Waldes sorgt für die Bedürfnisse der Menschen und Tiere. Er ist beides: halb Mensch, halb Tier. Somit steht er auch für den Menschen an der Schwelle zwischen Tier und Menschwerdung.

Der Gehörnte Gott im Hexentum wird oft Cernunnos genannt, wobei cornu die Bedeutung Horn hat. Aus Cerne einer Abkürzung wurde schließlich Herne, ein weiterer bekannter Name. Alexandrian Wicca benutzen eher den Namen Karnayna, was laut Vivianne Crowley auf Alexander den Großen zurückzuführen ist, der im Koran als „Iskander Dh’Karnain“ (Zweigehörnter) bezeichnet wurde.
Die Jagd dauerte oft länger. Die Männer waren lange unterwegs und wenn die Beute nicht mit einem Schlag getötet wurde, so mussten sie oft tagelang dem verletzten Tier hinterher laufen. Die Spuren der Tiere wurden zu Symbolen, an deren Stelle irgendwann die Schrift treten würde.

Der Jäger hatte zum gejagten Tier eine besondere Beziehung. So glauben z.B. die Aborigines, dass ein Tier, das gejagt werden darf, sich anbietet. Die Jagdgottheit wurde wohl zuvor um ihren Segen gebeten. Nach erfolgreicher Jagd erhielt sie auch ein Opfer und Dank. Es ist gut möglich, dass besonders gute Jäger aus der Tierwelt, wie z.B. Löwen, Geparden, Wölfe als Vorbilder dienten. Der Jäger versuchte, sich Eigenschaften des Tieres im Ritual anzueignen, um sein Jagdglück zu steigern. Wurde Sympathiemagie eingesetzt, konnte es durchaus geschehen, dass ein Mensch, der die zu jagende Beute rituell darstellte, das Ritual nicht überleben würde. Höhlenmalereien könnten jedoch auch zur Besänftigung der Geister der getöteten Tiere gelten, denn in einer Wilden Jagd kann der Jäger zum Gejagten werden.

Im Hexentum kommt es vor, dass bei manchen Ritualen ein Teilnehmer eine Geweihkrone trägt, als Symbol der Herrschaft, aber auch um den Gehörnten Gott zu repräsentieren. Manche tragen auch zu Ehren des Gehörnten Geweihstücke als Kette um den Hals. Möglich, dass solcher Schmuck auch von den frühen Jägern getragen wurde, um die Bindung an das Tierreich darzustellen. Ich selbst trage manchmal ein Stück Geweih und einen Bernstein, um mich mit Freyr und Freyja zu verbinden. Einige Wiccatraditionen feiern zu Bealtaine eine Wilde Jagd. Ein Hirsch wird dabei losgeschickt, und später stürmen die Jäger los, diesen zu finden. Wer ihn findet und einfängt, wird der neue Hirschkönig – doch er weiß auch, dass er im nächsten Jahr selbst der Hirsch sein wird. Dem Hirschkönig wird die Frühlingsbraut zugewiesen, und gemeinsam begehen sie den großen Ritus, mit dem die Fruchtbarkeit ihrer selbst und des Landes gewährleistet wird. Es ist nicht erstaunlich, dass die unbezähmbare Wildheit des Gehörnten Gottes ihren Höhepunkt zu Beltane hat, wo durch die Fruchtbarkeit und Sexualität aus der Verbindung der göttlichen Archetypen das Versprechen für die Zukunft bereitet und das ersehnte Kind empfangen wird.

Der Mensch entwickelte sich weiter. Die ersten Tiere wurden domestiziert und Siedlungen entstanden. Der Geißbock gewann immer stärker an Bedeutung, und so wurde der Gehörnte statt mit einem Hirschgeweih eher mit Ziegenbockshörnern dargestellt. Pan oder die Satyre sind Beispiele hierfür. Der Gehörnte mit dem Bocksgeweih gehört zum landwirtschaftlichen Menschen, doch seine Wildheit hat er nicht verloren. Ein Teil des Landes war bestellt, doch es gab Grenzen: die zur ungezähmten Natur außerhalb, doch auch die im Inneren des Menschen. Der Bocksgehörnte kennzeichnet bereits den Übergang zur nächsten Maske des Gottes und kann eigentlich als ein Mischwesen betrachtet werden, das ein bisschen von beiden in sich trägt.

Herne ist eine Personifikation des Cernunnos und vor allem in der Umgebung des Waldes von Windsor angesiedelt. Er besitzt auch Charakteristiken des Gwynn ap Nudd und ist mit der " Wilden Jagd" unterwegs. Schützer des Waldes von Windsor.